Schnappschusseinstellungen, Schärfentiefe, hyperfokale Distanz
...am Beispiel der Canon Powershot A60 erklärt
...natürlich gilt das ganze sinngemäß auch für alle anderen Kameras...
Wozu dass?
- Bei Schnappschüssen (Kinder, Partygäste, Mitzieheffekte bei bewegten Motiven...) will man möglichst keine Auslöseverzögerung bemerken. Die A60 stellt den Autofokus zwar oft recht schnell scharf, aber wenn sich das Motiv beispielsweise bewegt oder zuwenig Licht vorhanden ist, klappt das natürlich nicht wie erwartet.
- Die "naheliegende" Lösung - arbeiten mit dem Schärfespeicher (RTFM) - bringt einen schon weiter - allerdings wird bei der A60/A70 damit auch die Belichtung(!) festgelegt, d.h. wenn das Motiv den Standort verändert, bzw. wenn nach dem bestimmen der Schärfe ein ganz anderer Bildausschnitt gewählt wird, ist sehr wahrscheinlich die Belichtungsmessung fehlerhaft bzw. unpassend.
- Mittels der Taste "MF" kann man (nur!) die Entfernung fix einstellen und kann zwischendurch sogar den Auslöser loslassen (Entweder "MF"-Taste zweimal drücken und Entfernung manuell einstellen - oder Objekt in gewünschter Entfernung anfokussieren und bei halb gedrückter Aufnahmetaste die "MF"-Taste drücken). Der Auslöser kann dann losgelassenen werden. Aus diesem Modus kommt man am schnellsten durch erneutes Drücken der "MF"-Taste.
Schnappschusseinstellungen, Schärfentiefe und die hyperfokale Distanz
Zusätzlich lohnen sich im Zusammenhang mit Schnappschussaufnahmen (aber auch für Landschaftsaufnahmen...) ein paar Gedanken zur Schärfentiefe und zur sog. hyperfokalen Distanz (HD).
- Gerade für die Schnappschussfotografie ist das sehr interessant, weil man durch EINE fix (manuell) eingestellte Entfernung einen vorher recht genau zu bestimmenden Bereich des Raumes (...) scharf abgebildet bekommt (z.B. alles in der Entfernung zwischen 1-10m)
Was ist eigentlich die Definition von Schärfentiefe?
Sie ist z.B. eben
genau nicht ein Bereich, innerhalb dem alles scharf abgebildet wird - tatsächlich wird beim fotografieren nur genau eine "Bildebene" scharf abgebildet, die eben (quasi millimetergenau) exakt der eingestellten Gegenstandsentfernung entspricht.
Alles(!), was davor bzw. dahinter liegt, wird grundsätzlich unscharf abgebildet - je weiter davon entfernt, desto unschärfer (mal vereinfacht ausgedrückt).
Tatsächlich kann man die Schärfentiefe auch nicht exakt definiert messen/ausdrücken. Sie ist immer
abhängig davon, wie das Endprodukt (Foto, Monitoransicht)
- vergrößert/verkleinert ausgegeben - und
- aus welchem Abstand es betrachtet wird
Und als
"scharf" definieren wir einfach mal alle diejenigen Bildteile im Endprodukt,
die dem Betrachter nicht als "unscharf" auffallen .
Ob ein Bilddetail als "scharf" wahrgenommen wird, ergibt sich einfach daraus, inwieweit das (Betrachter-)Auge einzelne Bildpunkte im Endprodukt (Foto, Monitor) noch auflösen/wahrnehmen kann. Das ist u.a. auch direkt abhängig von der Entfernung des Betrachters zum Bild. Und es ist natürlich von Mensch zu Mensch verschieden.
Was bedeutet das jetzt für unser Bild?
Ein
Kleinbildnegativ als Beispiel ist 24x36mm groß. Wenn man davon eine Vergrößerung auf 10x15cm erhalten will, muss man also alles um den
Faktor 4,17 fach vergrößern (36mm x 4,17 = 15cm). Daraus ergibt sich natürlich, dass jeder einzelne Bildpunkt vom Negativ um diesen Wert vergrößert wird. Im Optimalfall ist der (ein) resultierende(r) Bildpunkt im Foto dann genau so groß, dass er eben noch vom Auge des Fotobetrachters als "Einzelpunkt" (und eben nicht als "Kreis"/Scheibe) aufgelöst werden kann.
Wenn man auf (noch) größere Formate vergrößert, ändert (vergrößert) sich normalerweise immer auch der
Betrachtungsabstand - und somit werden vom Auge wiederum nur größere Bildpunkte wahrgenommen, d.h. es ändert sich dadurch nichts am Schärfeeindruck (niemand wird im Normalfall ein Poster von 40x60cm aus 20cm Entfernung (wie ein 10x15 Foto etwa) ansehen!).
Die max. zulässige Größe eines Bildpunktes im Originalabbild (auf CCD bzw. Negativ) wird als "Zerstreuungskreis" bezeichnet. Ist ein einzelner Bildpunkt im Originalabbild größer, wird dieses Detail in der Vergrößerung dem Betrachter unscharf erscheinen. Der Bereich der "Schärfentiefe" erstreckt sich also auf die Bereiche des Bildes, bei dem einzelne Bildpunkte kleiner oder gleich dem Zerstreuungskreisdurchmesser abgebildet sind.
Beim Kleinbildformat z.B. wird der "Zerstreuungskreisdurchmesser" für normale Bildzwecke mit ungefähr 0,025 bis 0,030 mm angesetzt, d.h. nach unserer 4,17 fachen Vergrößerung von 24x36mm auf 10x15cm erhält man einen Bildpunkt in der Größe von 0,025mm (bis 0,03mm) auf dem Negativ x 4,17 Vergrößerung = 0,1mm bis 0,13mm auf dem Bild. Kleinere Bildpunkte kann der Durchschnittsmensch in normaler Bildbetrachtungsentfernung optisch nicht auflösen. Generelle Formel für den Zerstreuungskreisdurchmesser (Unschärfekreis):
Formatdiagonale in mm / 1500
Zurück zur A60. Der Bildsensor ist nochmal wesentlich kleiner (rund 6,5 mal) als ein Kleinbildnegativ. Rechnen wir jetzt also auf dieses Format (ganz vereinfacht) um, erhalten wir einen (theoretischen) zulässigen
Zerstreuungskreisdurchmesser für die A60 von ungefähr: 0,025mm (bis 0,03mm) / 6,5 Faktor = 0,004mm bis 0,005mm auf dem CCD.
Gegenrechnung aus rein rechnerischer/logischer Sicht: Geht man von einer nutzbaren Diagonale von 6,59mm auf dem CCD aus, dann sind rechnerisch / theoretisch bei 1600x1200 Pixeln (maximaler) Auflösung auf der Diagonalen 2000 Pixel unterzubringen: 6,59mm / 2000 Pixel = 0,0033mm je Pixel!
Theoretisch vor allem deshalb, weil vor die CCD-Zellen noch ein RGB-Farbgitter geschaltet ist, dass die tatsächliche Auflösung um (praktisch) ca. 30\% herabsetzt (durch spez. Algorithmen / Interpolation wird dann auf die "Nenngröße" hochgerechnet). Wenn man diese 30\% jetzt ansetzt, kommt man wieder auf Werte zwischen 0,004-0,005mm...
Nach einigen praktischen Tests habe ich für mich
den "Zerstreuungskreisdurchmesser" für die A60 auf
0,004mm - 0,008mm festgelegt - je nachdem, ob feine Details darzustellen sind oder nicht. Bei Fotos ohne bildwichtige (feine) Details kann man im Extremfall beruhigt(!) die Tabellen "auf 2 Pixel genau" nehmen, ich habe schon mehrere zufriedenstellende Praxistests gemacht. Selbst die Tabellen "auf 3 Pixel genau" sind nutzbar (insbesondere für Natur-/Landschaftsaufnahmen, oder wenn nicht mehr als bis ca. 13x18cm vergößert wird).
Die u.a.
Schärfentiefetabellen zeigen für einige vorgegebene Entfernungen in etwa den Bereich an (Nahpunkt bis Fernpunkt), innerhalb dem der Zerstreuungskreisdurchmesser unter der kritischen Marke bleiben wird. Das läßt sich nun in der Schnappschusspraxis sehr gut ausnutzen, indem auf eine bestimmte Entfernung (manuell) fokussiert - und diese Entfernungseinstellung beibehalten wird, d.h. man "spart" sich die Autofokuszeit. Trotzdem werden alle Gegenstände vor/hinter der eingestellten Ebene wie aus den Tabellen ersichtlich im Schärfetoleranzbereich liegen.
Die hyperfokale Distanz (HD)
wiederum spielt in die Schärfentiefe"praxis" hinein. Es gibt für jede Kombination aus Brennweite und Blende eine Entfernungseinstellung, bei der der Schärfentiefebereich etwa
bei der Hälfte der eingestellten Entfernung beginnt und sich bis "unendlich" in der Ferne hinzieht - genauer gesagt bleibt wie eben gelernt der Zerstreuungskreisdurchmesser für abgebildete Gegenstände in diesem Entfernungsbereich unterhalb dem "kritischen" Zerstreuungskreisdurchmesser.
Achtung:
Stellt man auf einen Gegenstand scharf, der näher liegt, dann "fehlt" im Bereich ganz entfernter Gegenstände (unendlich...) die Bildschärfe. Stellt man im umgekehrten Fall auf einen Gegenstand jenseits der hyperfokalen Distanz scharf, dann "verschenkt" man im näheren Bereich entsprechende Bildschärfe. Dieser Fehler wird gern gemacht, indem bei Landschaftsaufnahmen auf einen weit entfernt liegenden Punkt (quasi unendlich) fokussiert wird. Dadurch wirken dann näherliegende Details leicht unscharf, was nicht immer gewollt ist...
Die HD stellt man fix als Entfernung ein (Schärfespeicher, Typ 2 ohne Belichtungsinfos, RTFM). In der Folge wird alles zwischen der Hälfte der HD (Einstellentferung) bis unendlich hinreichend scharf abgebildet werden. Die HD ist
abhängig von der jeweils eingestellten Blende und Brennweite der Kamera, aus der man somit eine "Fixfokuskamera" macht
Interessant ist das schonmal für bestimmte Landschaftsaufnahmen, bzw. wenn einfach möglichst viel der "Szenerie" scharf eingefangen werden soll.
Praktischerweise stellt man das nicht ganz manuell anhand des Displays/der Entfernungsanzeige ein, sondern man fokussiert auf ein in der passenden Entfernung vorhandenes Motiv vor.
Tabellen für die Canon A60
Für eigene Berechnungen bzw. beliebige andere Kameras: Siehe
Excel-File
29.04.2008 ↸